Auch, was die Höhenleistung angeht, sollte man meinen, wäre der leichte Jäger dem schweren Bomber überlegen. Normaler-weise stimmt das auch. Dennoch hat auch hier das größere Flugzeug mit mehr Motorleistung einen Vorteil: es kann ohne Schwierigkeiten Geräte (pauschale Bezeichnung "Höhenlader") mitnehmen, die die Verbrennungsluft komprimieren und die zum Vortrieb bestimmten Motoren des Trägers damit versorgen [1]. So ausgerüstet erreicht der Bomber größere Höhen als der Jäger, der entsprechende Geräte aufgrund von deren Sperrigkeit und Gewicht entbehren muss.
In diesem Bereich ereignete sich für Deutschland nicht nur Stillstand, sondern es kam sogar zu einem Rückschritt. Noch im August 1942 konnte die Junkers Ju 86, die als Normalbomber vor Kriegsbeginn verschmäht wurde, in ihrer Höhenversion R über England und dem östlichen Mittelmeerraum erfolgreich eingesetzt werden [2]. Im Oktober darauf aber musste sie schon zurückgezogen werden, da Feindjäger nun doch ihre Gipfelhöhe erreichten [3]. Bis Kriegsende kam es zu keinem Ersatz.
Dabei waren auch hier Ablösemuster im Gespräch:
- der Raketen-Höhenaufklärer DFS 228, mit demselben Triebwerk wie die Messerschmitt Me 163
- die Versionen P und M-4 der Dornier Do 217
- die Versionen A-2, A-4 und A-6 der Heinkel He 177
- die Heinkel He 274, die erst nach dem Krieg in einem Exemplar Frankreich fertiggestellt wurde
- die Henschel Hs 130
- die Junkers Ju 186, eine viermotorige Version der Ju 86
Henschel brachte die Hs 130 nicht zur Einsatzreife, ihre Höhenladerzentrale arbeitete nicht einwandfrei, die mit 4 aufgeladenen BMW 801 vorgesehene Version F wurde nicht gebaut [4]. Junkers-Ingenieur Hertel hielt die Hs 130 für einen (für die eigene Seite) gefährlichen Lockvogel [5]. Aus seiner Ju 186, der zunächst keine besseren Leistungen als denen des Vorgängers Ju 86 zugetraut wurden, wollte er schließlich dennoch 17 km Gipfelhöhe herausholen [6]. Für die Fertigung der Hs 130 soll alles bereit gewesen sein [7, hier kein Hinweis auf eventuelle technische Schwierigkeiten]. Dennoch versandeten alle diese Projekte.
Erfolglos wurde auch über Höhenversionen von Heinkel He 111 [8] und Messerschmitt Me 410 [9] diskutiert. Der Lader P 8035 des BMW 801 hätte nun aus der Ju 88 eine Höhenmaschine machen sollen (Aufklärungsversion D-6) [10]. Ihr Cockpit war aber nicht höhenfähig, sondern das der Ju 188 [11]. Am Ende lief es auf die Ju 388 hinaus, die gute Höhenleistungen erbrachte [12]. Sie fiel aber 1944 der Streichung der gesamten Bomberfertigung zum Opfer. Ebenso wurde nichts aus einer "Optimallösung", die 720 km/h in 15.000 m Höhe bringen sollte [13], mit der Hertel anscheinend eine leistungsmäßig optimierte Version des Projekts Junkers Ju 488 meinte.
Der Höhenbomber hat grundsätzlich das selbe Problem wie der Schnellbomber: man trifft damit nichts. Während der Schnell-bomber aber auch noch taktisch gegen Nahziele eingesetzt werden kann, trifft das auf den Höhenbomber nicht zu. Er ist ausschließlich zu militärisch wenig sinnvollen Störangriffen geeignet und erzeugt daher wenig Entwicklungsmotivation. Dass die Maschinen letzten Endes der Jägerproduktion geopfert wurden, mag Sinn machen. Nicht dagegen, dass die He 111 gegen Kriegsende noch als "langsames Höhenflugzeug" im Gespräch war [14]. Das gedankliche Niveau des RLM hatte sich im Laufe
der Zeit nicht gehoben.
[1] v. Gersdorff et al. zu Junkers-Dieselmo-toren (Ju 86 R) S. 92, sonst S. 144ff.
Kyrill von Gersdorff, Kurt Grasmann, Helmut Schubert, Flugmotoren und Strahltriebwerke, Bernard & Graefe Verlag, Bonn 1995